Gut, Nashville liegt nicht hinter dem Semmering, und der Country ist über dem großen Teich daheim. Aber schön langsam bin ich mir da nicht mehr so sicher. Denn neben Son of the Velvet Rat machen The Base auch schon seit vielen Jahren mit gefühlvollen, dreckigen, rockigen Tracks auf sich aufmerksam. Was die drei Steirer aber von ihrem Landsmann, dem Sohn einer samtenen Ratte unterscheidet, ist ihr eigener rockiger mit einer Brise Ska angereicherter Stil der dann und wann nach Western klingt und so ins countryeske und folkige hineinspielt. Die Grazer um Frontmann Norbert Wally haben Anfang des Jahres ihr neues Album „Tested under Extreme Conditions“auf nubabel records veröffentlicht. Grund genug für Mäx Egger Norbert Wally über den Aufnahmeprozess, Gott und die Welt zu auszuhorchen.
Wo wurde das Album aufgenommen?
Im Studio Electric Audio in Graz, Köstenbaumstraße 17
Wie lange hat der Aufnahmeprozess insgesamt gedauert?
Wir haben ca. eine knappe Woche zu dritt die Basics eingespielt. Dann ca. eine weitere Woche für Overdubs und Gesänge. Also insgesamt um die 2 Wochen. Mischen und Mastern exklusive.
Wie lange hast Du zum schrieben der Lieder gebraucht?
Die Songs sind alle zwischen Finaliserung der letzten CD "16 Songs in self defense" im Februar 2009 und Weihnachten 2010 entstanden. Aber das ist ja kein durchgehendes Arbeiten in dem Sinn, insofern ist das schwer zu beantworten (siehe nächste Frage).
Wie schreibst Du generell Deine Songs? Hast Du zuerst eine Melodie ein Gitarrenriff oder den Text?
Ich renne mit einer Melodie, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht, tage- und wochenlang herum, bis ich die Zeit finde, dazu einen Text zu schreiben. Manchmal kommt aber auch ein Textstück zuerst, zu dem mir dann eine Melodie einfällt. Ganz unterschiedlich. Dann spiele ich das Lied den Bandkollegen vor und die sagen dann manchmal sogar, dass es fad oder scheiße ist, aber meistens sagen sie gar nichts bis man sich das dann aufgenommen anhört, und wenns uns dann noch nicht gefällt, kommt der Song nicht rauf. Aber da sind wir uns eigentlich immer einig.
Wie kam der Kontakt mit Clara (Luzia) zustande, die bei Waterproof Eyes mitsingt?
Clara hat uns per myspace zu "16 songs in self defense" gratuliert. Dafür habe ich mich bedankt und im Laufe der darauf folgenden Konversation angefragt, ob sie nicht bei einem Lied für die neue CD mitsingen mag. Ursprünglich hätte es "Rainy Sunday Prove" sein sollen...
Wie kam es zur Idee der singenden Säge bei "Devils Motel" ist ja kein Instrument, dass immer vorkommt. Habe es zuletzt nur mal bei den Rewolfingern gesehen/gehört?
Die kleine Melodie hatte ich schon ganz am Anfang im Kopf. Und unser kaputtes Casio Keyboard klang fast zu amtlich dafür. Dann hat Rupert (Metnitzer), der unser Album aufgenommen und gemischt hat) vorgeschlagen, so ein Ding zu verwenden. Wir haben gegoogelt, wo man so was herkriegt, es bestellt und ein paar Tage später hatten wirs dann.
Was sind Deine (derzeitigen) Lieblingssongs des Albums und warum?
Devils Motel, Not in the Mood for Rock N Roll und Throwing Up in Public. Weiß nicht warum, die find ich am glaubwürdigsten irgendwie. Aber ich bin insgesamt sehr sehr zufrieden mit allen Songs.
Was hörst Du privat für Musik? Was war das letzte Album, dass Du Dir gekauft oder runtergeladen hast?
Das letzte Album, dass ich mir runtergeladen hab, ist "Nancy and Lee", also Lee Hazelwood und Nancy Sinatra. Kommt daher, dass ich in vielen Kritiken mit dem verglichen wurde und ich wollt hören, ob das stimmt. Stimmt aber nicht, der singt viel höher als ich.
Wie lange gibt es The Base eigentlich schon?
Wir bilden uns ein, unseren ersten Gig unter dem Namen 1988 oder 1989 gespielt zu haben. Davor haben Karl (der Drummer) und ich aber auch schon zusammen gespielt.
Ihr habt ja jetzt ein neues Label und seid nicht mehr bei der Michaela Fabian. Wie kam es dazu?
Die Michi hat um Weihnachten 2009 den Hut drauf gehaut wegen Sinnlosigkeit. Die Universal Leute haben wir von einem Gig im Gartenbaukino gekannt (bei der Premiere von Contact High). Denen hat unser Auftritt damals gut getaugt, also wars nahe liegend mit dem neuen Material dort anzuklopfen.
Wie kam es zur Coveridee mit der toten (ich rate mal) Gemse? Und den ganzen Tierpreperatenfotos (sind sehr schön wie ich finde.)
Es ist eine Wildsau. Wir haben uns lange überlegt, wie man "Tested under extreme conditions" visualisiert und dann bist du schnell bei sportlichen oder gefährlichen Extremsituationen wie sie zB im Red Bulletin immer drin sind, also Bergklettern, Cliffhanger, Südpol und so. Das wars aber dann auch nicht. Dann kamen wir auf die Idee, uns in Schönbrunn neben gähnenden Löwen ablichten zu lassen. Aus Schönbrunn wurde ein Streichelzoo in Grinzing, wo wir auch tatsächlich fotografiert haben. Unserem Label war das dann aber doch zu harmlos und deswegen sinds dann tote Tiere geworden.
Könnt ihr von der Musik leben (ich nehme mal an nicht.) Womit verdient ihr euren Lebensunterhalt?
Nicht ganz, wobei es uns derzeit finanziell besser geht als je zuvor. Albi macht Tonassistenz für den ORF, Karl unterrichtet Schlagzeug und ich bin Freelancer bei der Kleinen Zeitung.
Gibt es Songs die es nicht aufs aktuelle Album geschafft haben? Wenn ja was passiert mit denen. Kommen sie auf nächste oder werden Passagen für neue Songs verwendet oder verschwinden sie in Deiner Home-Base?
Ja, die gibt es immer. Und manchmal schaffens Ideen oder Stimmungen daraus aufs nächste Album. Der ganze Song eher nicht, weii meistens wirds ja einen Grund haben, warum du den Song nicht verwendet hast.
Wird es auch Videos geben. Die zu Buffalo People waren ja super. Sowohl das weiße Pferd als auch der Dicke im Club! Wenn ja? Kommen auch tote Tier vor? Oder was kommt sonst vor?
Wir überlegen gerade herum, zu Everythings Weird Today, Blame it on the Moondog oder Devils Motel was zu machen. Pferde sind für letzteres schon Thema. Aber lebende.
Ihr habt ja jetzt mit EOC in der Burg gespielt. Ist der Kontakt über Contact High entstanden. Wo ihr ja beide am Soundtrack ward. Oder woher kennt ihr euch sonst?
Ja, der Contact kam eben über Contact High und über Michi Ostrowski. Bei der Premiere im Gartenbaukino (siehe oben) haben wir EOC kennen gelernt.
Ich weiß es ist eine Scheißfrage, aber ich stelle sie trotzdem: Wie würdest Du euren Musikstil beschreiben?
Indie Folk würde ich mal sagen. Aber im weitesten Sinne Rock and Roll...
Danke für die schriftlich (genau wie es sich für eine Radiosendung mit dem Titel Gezeichnet fürs Leben gehört) geführte Konversation!
Danke auch!
Der erste Tag aus dem Studiotagebuch (13. bis 21. Februar 2010) zu den Aufnahmesessions zu Tested under extreme conditions. Geschrieben und freundlicherweiser zur Verfügung gestellt von Norbert Wally, bei dem selbstverständlich auch die Rechte zu den folgenden Zeilen liegen!
Samstag, 13. Februar.
10.30 Uhr: Als ich um ca. halb elf in die Studioräumlichkeiten komme, ist das Drumset Gott sei dank schon raufgetragen und mir niemand wirklich böse, dass ich nicht mit geschleppt habe. Zumindest sagt keiner was. Rupert, unser Produzent, und Horst, der netterweise Produktionsassistenz macht, stellen Mikros auf, bereiten die Headsets vor und wir richten uns in unseren Kammern, in denen wir einen großen Teil der kommenden Woche verbringen werden, häuslich ein. Das geht alles weitgehend schweigend vor sich – wir machen das ja nicht zum ersten Mal. Was wir allerdings noch nie gemacht haben, ist mit Kontrabass aufzunehmen. Dafür bekommt Albi den C-Regieraum, wo ein zweites Headset für ihn bereit gestellt wird, damit wir bei Bedarf schnell switchen können. Den E-Bass nimmt Albi im großen Aufnahmeraum, den er mit Karl teilt, auf.
12 Uhr: Der zweite Kaffee ist fertig. Wir überlegen, womit wir anfangen:
Ich: "Mit welchem Lied fangen wir an?"
Albi: "Mir ist es komplett egal. Sag du!"
Ich: Dann mit "Born in The Devil's Motel."
Albi: "Wieso ausgerechnet mit dem?"
Ich: "Ich hab gedacht, dir ist es komplett egal?"
Albi: "Ja, ist es eh, aber ausgerechnet mit dem…."
Es ist aber eine gute Entscheidung, wie sich herausstellt. Die erste Nummer einer CD-Aufnahme ist immer heikel. Wenn du da zu lange brauchst, oder gleich mal scheiterst, kann das als schlechtes Omen für die gesamten Aufnahmen interpretiert werden. Aber der Song klingt auf Anhieb gut. wir machen fünf bis sechs Takes, probieren viel mit dem Drumset aus und gehen dann rüber zum Citypark Mittag essen.
14 Uhr: Der Karl bemerkt, dass die rechte Hälfte seiner Unterlippe wächst. Und zwar ziemlich schnell. Bevor er im italienischen Restaurant Tres Amici, im dritten Stock des Citypark, Platz nimmt, checkt er sich ein Antihistamin aus der Apotheke, das er sich gleich einwirft. Alle Anwesenden hängen an seinen Lippen:
Rupert: "ui ui ui"
Ich: " Es geht aber schon zurück ein bisschen."
Karl: "Scheisse."
Ich: "Ja, wirklich! Zumindest wird's nicht schlimmer."
Karl: " Es reicht, wie es ist!"
Da hat er schon recht der Karl. Viel mehr Platz hat die Unterlippe eigentlich nicht mehr um weiter anzuschwellen, weil oben ist schon die Oberlippe im Weg und Karl bekommt den Mund schon nicht mehr ganz zu. Er sieht sehr lustig aus und natürlich machen wir blöde Scherze, über die nur der Karl nicht lacht. Die Hälfte von seinem Apfelsaft lässt er stehen, und keiner von uns trinkt ihn aus.
14.45 Uhr: Wir hören uns noch einmal an, was wir am Vormittag aufgenommen haben und sind ganz zufrieden. Wir entscheiden uns schließlich für den ersten oder zweiten Take, weil er am erfrischendsten klingt. Ein paar andere sind vielleicht amtlicher gespielt, aber nicht so charmant.
Karl: "Ich glaube, ich fahre ins LKH, bevor es noch ärger wird."
Ich: " Es wird nicht ärger, es geht schon zurück."
Das stimmt nur teilweise. Mittlerweile ist auch die linke Hälfte seiner Unterlippe angeschwollen, sprich, das Ganze ist nicht mehr so eine einseitige Sache und sieht insgesamt besser aus. Der Karl hat von Haus aus eine eher schmale Unterlippe, das heißt, ein bisschen Zuwachs kann er sich da schon leisten. Aber natürlich respektieren wir die Entscheidung und lassen ihn ziehen. Wir probieren noch ein paar Backgroundgesänge für den Mittelteil, nehmen das Gitarrensolo auf, scheitern an einer geplanten Slidegitarre für den Refrain und lassen es gut sein, weil wir um 18 Uhr im Orpheum beim Improcup spielen.
copyright Cover THE BASE, copyright Pressebilder Daniel Gebhart de Koekkoek
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